Die Gabe

In "Die Gabe" geht es eigentlich um Teenager mit übernatürlichen Kräften. Die Hauptperson erzählt über ihr Leben, allerdings wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven geschildert. Viel Spaß beim Lesen ;-)
PS: Falls ihr Fragen oder Bemerkungen habt- immer her damit!

Jake

 

Die Schachplatte kam wie von Zauberhand an unseren Tisch geflogen. Noch wenigen Sekunden standen alle Figuren an ihrem Platz. Weiß fängt an, dachte ich und schaute auf meine schwarzen Figuren. Die weiße Figur bewegte sich um zwei Felder. Ich wollte gerade eine Figur nehmen, da fiel mir ein, dass ich es nicht durfte.  Bauer auf E5. Die Figur schwang auf das gewünschte Feld. Sie schaute ihre Figuren an, bis sich eine bewegte. Hm, Bauer auf A6. Und wie bei Harry Potter bewegte sich die Figur als ob ich sie persönlich angesprochen hätte. Und weg war er. Mein Bauer geschlagen vom Springer.  Bauer auf A5. Irgendwie musste ich gewinnen, auch wenn ich beim Schachspielen immer richtig schlecht gewesen bin. Zack! Mein zweiter Bauer war weg. Ihr Springer und mein König standen nur noch wenige Millimeter auseinander. Und wieder, wie ein Schlag ins Gesicht. Mein Läufer war K.O..  Wie konnte ich das nur übersehen? Läufer auf H3. Der Läufer glitt elegant über das Feld und blieb schließlich stehen. Der Turm schlug meinen Läufer. Und sie saß da, aufrecht und ruhig und schaute mich mit ausdrucksloser Miene an. Sie lächelte nicht einmal über meine lächerliche Spieltaktik. Bauer auf A4. Der Bauer und der weiße Läufer bewegten sich fast zeitgleich.  Ich ließ meinen Bauer um ein Feld weiterwandern. Und anstatt mich zu schlagen, fuhr ihr Turm los. Bauer auf B2. Und voller Stolz sah ich zu, wie ihr Bauer vom Feld schwebte. Ihr Turm bewegte sich weiter. „Schach matt“ erklang in meinem Kopf. Ich konnte es nicht akzeptieren. König auf C8.  Und ohne Mühe glitt der König auf das gewünschte Feld. Der weiße Läufer glitt bedrohend auf meinen König zu und schlug ihn ohne Erbarmen zu Boden.

Alexej

Es roch angenehm nach Gras. Die Sonne schien und auf dem Spielplatz waren angenehm wenige Kinder. Der Nachmittag brach gerade an und ein leichter Wind zerzauste seine kurzen Haare. Er lehnte sich lässig gegen das leicht verbogene Spielplatzschild. Er war bestimmt nicht älter als zehn. Mit konzentriertem Blick beobachtete er seine Schwester, die fröhlich auf der Schaukel hin- und herschwankte. Er strich eine seiner blonden Strähnen, die der Wind in sein Gesicht geweht hatte, geduldig aus dem Gesicht. Und plötzlich fiel er zu Boden. Entsetzt blickte er sich um. War ihm ein Streich gespielt worden? Er lag nur auf dem Spielplatzschild, das auf den Boden gedrückt worden war. War ich das etwa?, dachte er. Verdutzt richtete er sich auf. Er fühlte sich anders. Irgendwie sicherer, stärker. So als ob in ihm eine kleine Kraftkugel hocke. Aber ihm gefiel das Gefühl nicht sonderlich. Es war fremd und er hatte Angst es könnte sein Leben verändern. Aber doch nicht jetzt wo alles so gut lief. Er verstand sich gut mit seinen Eltern, spielte täglich mit seiner Schwester und auch in der Schule ging es nur bergauf. Er griff nach dem Schild und versuchte das Schild zu heben. Die Wucht schlug ihn zu Boden. Ohne weitere Probleme war das Schild wie vorher. Es war so schwer gewesen, wie eine einzelne Blume aufzuheben. Seine blauen Augen starrten das Schild entsetzt an. Er torkelte nach hinten, aber fiel nicht hin. Seinem Körper war es plötzlich fremd zu fallen, nein, das könnte er nicht mehr einfach so. „Komm Lisa! Wir gehen nach Hause“, rief er seiner Schwester zu. „Oh bitte, darf ich noch ein bisschen bleiben, wir sind doch erst-“
„Nein, wir können morgen wiederkommen“  Er ging auf seine Schwester zu. Und dann war er da. Nur ein Augenblick später. Er schaute nach hinten und stellte fest, dass er den ganzen Spielplatz in nur einen kurzen Augenblick überquert hatte. „Boah! Wie hast du das denn gemacht?“, fragte Lisa ganz begeistert. „Ich weiß es nicht“, sagte er und schaute auf die Stelle, auf der er gerade noch gestanden hatte.

Alice

Ich war ein wenig nervös. Nicht weil ich in einem Zug saß und nicht wusste wohin es ging. Jetzt konnte ich nicht mehr davon laufen. Endlich kam jemand und bot mir eine Hilfe an. Früher hatte ich mich unsichtbar gemacht und war im Boden verschwunden, wenn Gefahr drohte. Der Zug begann loszufahren. Michael winkte uns vom anderen Wagon aus zu. Dann wandte er sich ab. Er setze sich mit dem Rücken zu uns auf einen Platz und holte sich was zu trinken. Jetzt gab es keinen Ausweg mehr. Nervös tippte ich mit meinem Bein auf den Boden. Um mich abzulenken schaute ich aus dem Fenster. Ich bin nicht alleine, dachte ich. Nach einer langen Schweigepause sagte das Mädchen gegenüber etwas zu mir. „Das ist komisch“. Ich runzelte die Stirn. Ich fand, dass sie ein wenig merkwürdig war. Aber dennoch hatte sie irgendetwas Besonderes an sich. „Was ist komisch?“, fragte ich nach einiger Zeit und hoffte, dass sie nicht meinen unsicheren Unterton bemerkte. „Dass du kein Inneres Auge hast, immerhin bist du ein Teleporter“, antwortete sie mir in einer beruhigteren Stimme. Dann schaute sie mich an. Ich schaute sie auch an und schluckte, als sie sich nicht regte. Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Was ein Teleporter ist, wusste ich, aber ich wusste nicht, was ein „Inneres Auge“ ist.  „Ein Inneres Auge haben alle Teleporter, damit sie sich überall hinteleportieren können. Das heißt sie können überall hin gucken, ohne wirklich dazu sein.“, erklärte sie mir. Meine Pupillen erweiterten sich.  Als ich kleiner war, habe ich mal einen Wald gesehen, einen Wald den ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Danach hatte ich so einen Schreck, dass ich die Erinnerung verdrängte. Und als ob das nicht ausreichte, habe ich noch diese schrecklichen Stimmen gehört.  Das Mädchen gegenüber von mir lächelte kaum merkbar und schaute aus dem Fenster. Was ist denn jetzt?, dachte ich. Das ergab überhaupt keinen Sinn. Sie war verrückt. Du kannst es nicht leugnen., sagte eine Stimme in meinem Kopf. Ich wandte meinen Blick aus dem Fenster und tippte mit einem Bein wieder auf den Boden. Dieses Mal damit die Stimme verschwand. Dazu summte ich irgendeine Melodie. Alice, das bringt nichts. Das ist normal., sagte die Stimme wieder. „Hör auf. Das ist nicht real“, dachte ich. Fast hätte ich es rausgeschrien, aber dann hätten sie gedacht, ich sei verrückt. Du besitzt es, ob du willst oder nicht., sagte die Stimme. Ich sprang auf und rannte in Richtung Klo. Ich sperrte schnell die Tür, bevor ich mich auf den Boden sinken ließ und anfing zu weinen. Ich wollte das alles nicht sehen. Mein Leben war schon schlimm genug. Es sollte einfach aufhören. Ich wollte doch nur normal sein.  „Alice?“, fragte eine ruhige Stimme. „Geh weg!“, schrie ich hysterisch. „Es tut mir leid. Aber hier ist es egal, wie verrückt du bist“ Sie verstummte kurz. „Es ist sowieso niemand verrückter als ich“, ergänzte sie traurig. Ich wollte wieder sprechen, aber sie hatte Recht. Jetzt weinte ich nicht mehr. „Lass mich dir helfen“, bat sie. Ich wischte mir die restlichen Tränen aus den Augen und nickte. „Ok“, murmelte ich leise. Plötzlich erschien mir ein Bild von einer Art Verhörsaal. Ich stand auf und ging zurück auf meinen Platz.

Thema: Die Gabe

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